GELD-Magazin, Nr. 3/2025

BRENNPUNKT . Wirtschaftspolitik

Sparen macht nicht alle froh Die Budgetkonsolidierung in Österreich ist unausweichlich, nur über den Weg dorthin kann heftig gestritten werden. Die einen halten die Pläne für sozial ungerecht, die anderen fordern mehr strukturelle Maßnahmen. HARALD KOLERUS

E s sind Zahlen, die aufhorchen las sen: Im Jahr 2024 verzeichnete Ös terreich ein Budgetdefizit von 4,7 Prozent des BIP (das entspricht 22,5 Milli arden Euro). Nur fünf Jahre zuvor, 2019, schlug noch ein Überschuss von 0,5 Prozent zu Buche. „In keinem anderen Land des Eu roraums hat sich der Budgetsaldo seither so stark verschlechtert“, urteilt die Oesterrei chische Nationalbank. Und es kommt noch dicker, auch der neue Finanzminister Mar kus Marterbauer warnt: „Der Zustand des österreichischen Staatshaushalts ist besorg niserregend. Ohne Sanierungsmaßnahmen wäre das Defizit für 2025 auf mehr als 28,6 Milliarden Euro oder 5,8 Prozent des BIP gestiegen.“ Es muss also gespart werden. Sozial nicht ausgegoren? Wie das allerdings passieren soll, darüber streiten sich die Geister. Oliver Picek, Chef

ökonom am Momentum Institut, sagt im Gespräch mit dem GELD-Magazin: „Positiv am Sparpaket ist, dass von Banken und En ergiekonzernen ein sichtbarer Beitrag ein geholt wird. Meiner Meinung nach könnte dieser angesichts der hohen Gewinne dieser Unternehmen höher ausfallen, auch in Hin blick auf die Tatsache, dass die Gewinne der Banken zum Teil staatlich, nämlich durch die EZB finanziert wurden.“ Positiv sieht der Experte, dass bei Stiftungen und im Im mobilienbereich kleine Veränderungen durchgeführt werden. Auch hält er das Aus setzen des variablen Drittels bei der Kalten Progression für sinnvoll. Negativ sei hinge gen, dass das Sparpaket stärker von nied rigeren Einkommensschichten getragen würde als von den Besserverdienenden bzw. Vermögenden: „Hätte man bei Erb schaften, großen Vermögen oder der KESt angesetzt, wären soziale Einschnitte in der vorliegenden Form nicht notwendig.“ Kon kret kritisiert Picek die Erhöhung der Kran kenversicherung bei Pensionisten, und dass Sozialleistungen für zwei Jahre nicht an die Inflation angepasst werden. Weiters hat die vorhergehende Regierung die KÖSt von 25 auf 23 Prozent gesenkt. „Im Sinne der Bud getsanierung hätte die KÖSt zumindest tem porär wieder angehoben werden können. In anderen EU-Staaten wurde dieser Schritt gesetzt, für Österreich würde also kein Wettbewerbsnachteil entstehen. In Deutsch land liegt die Unternehmensbesteuerung in klusive der Gewerbesteuer bei 30 Prozent“, so der Ökonom. Spritze statt Sparpaket Prinzipiell meint Picek, dass die heimische Wirtschaft aktuell eigentlich ein Konjunk turpaket in Höhe von ein bis zwei Prozent

„Das Sparpaket schadet der Konjunktur.“ Oliver Picek, Chefökonom, Momentum Institut

Gegen den Trend: Österreich senkt Unternehmenssteuern, andere Länder in Europa erhöhten sie

Änderung des Körperschaftssteuersatzes von 2022 auf 2025

+ 6 PP 19% auf 25%

+ 5% 20% auf 25%

Temporär + 3 PP 19% auf 22%

+ 3% 21% auf 24%

+ 2 PP 19% auf 21%

+ 2 PP 20% auf 22%

Temporär + 1 PP 15% auf 16%

+ 1 PP 5% auf 16%

Portugal

Österreich

Slowake i*

Slowenien *

Island**

UK

Tschechien

Türkei

Estland

Litauen

- 1 PP 31,5% auf 30,5%

- 2 PP 25% auf 23%

*Slowenien erhöhte die KöSt für 2024-2028 zur Finanzierung des Wiederaufbaus der Infrastruktur nach Überschwemmungen in 2023. ** Island erhöhte die KöSt vorübergehend in 2024 um 1 Prozentpunkt.

Das Momentum Institut kritisiert, dass Unternehmen nicht genug zur Budgetkonsolidierung beitra gen. Gefordert wird eine zumindest zeitweise Erhöhung der Körperschaftssteuer. Andere Länder dienen als Vorbild, siehe Grafik. Quelle: OECD, Tax Foundation, PwC, eigene Berechnungen Momentum Institut

Credits: Alina/stock.adobe.com

14 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 3/2025

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