GELD-Magazin, Nr. 3/2025
Lösung kommen wird. Voraussetzung ist, dass sich eine gewisse Rationalität durch setzt. Wobei nicht alles, was Trump hier in Bewegung gesetzt hat, völlig irrational ist - im Gegensatz zur Wahrnehmung in Europa. Denn die Vereinigten Staaten weisen ein rie siges Handelsbilanzdefizit auf, sie sollten weniger importieren und Industrie- bzw. Produktionskapazitäten zurück ins eigene Land holen. Natürlich dürfen die USA nicht übers Ziel schießen, so würde China Zölle in Höhe von 100 Prozent nie akzeptieren. Aus US-Sicht ist aber bereits einiges erreicht worden - die Welt scheint nun bereit zu sein, erkennbar gestiegene Zölle zu akzeptieren, vor sechs oder zwölf Monaten wäre das noch unvorstellbar gewesen. Schon jetzt kann Trump eigentlich sagen, dass er die Welthandelsordnung beträchtlich umge stellt hat. Was bedeutet das für den Aktienmarkt? Sollten rationale Vereinbarungen kommen, ist die Zoll-Thematik von den Märkten erst mals verdaut. Die Betonung liegt dabei aller dings auf erstmals. Denn viele Firmen haben von Zollvorzieheffekten bzw. -lieferungen profitiert. Die Unternehmensergebnisse sind bisher gut ausgefallen, das könnte aber ins Bröckeln geraten. Denn in den kommenden Quartalen könnten die höheren Zölle eine bremsende Wirkung auf die Unternehmens zahlen zur Folge haben. Es lässt sich auch festhalten, dass die Aktienmärkte sich vom Einbruch durch den „liberations day“ fulmi nant erholt haben. Das Kurspotenzial bei Aktien scheint bereits gut ausgereizt, natür lich kann es noch zu dem einen oder ande ren Hoch kommen, es ist aber möglich, dass wir heuer allgemein gesprochen bei Aktien keine größeren Gewinne mehr sehen wer den. Was nicht zwingend mit Korrekturen geleichzusetzen ist. Gibt es bei den Regionen Favoriten? Wie bereits gesagt, ist Vertrauen in die euro päischen Börsen zurückgekehrt, was sich auch in zunehmenden Kapitalströmen nach Europa niederschlägt. Europäische Aktien waren seit Jahren und bis zuletzt deutlich unterbewertet, mittlerweile sind sie leicht
teurer als im langfristigen – aber vielleicht auch zu niedrigem – Durchschnitt, sprich: Europäische Aktien sind kein Schnäppchen mehr. Natürlich liegt einige Hoffnung in Konjunkturprogrammen, aber auf Sicht von zwölf Monaten könnten US-Aktien mehr Po tenzial aufweisen. Denn Trump könnte Steu ersenkungen durchsetzen, was Rückenwind verspricht. Außerdem sind US-Aktien, auch wenn sich die KGVs noch immer auf hohem Niveau bewegen, leicht billiger geworden. Letztlich werden wichtige Themen wie Künstliche Intelligenz oder zum Beispiel Cloud-Computing in den USA gespielt. Ich würde also in keinen Abgesang auf US-Ak tien einstimmen. Im Fixed-Income-Bereich ist allerdings Europa eindeutig der Vorzug zu geben. Denn US-Anleihen sind aufgrund des schwer planbaren Dollar-Risikos, der ho hen Volatilität sowie der Haushalts- bzw. Zins-Unsicherheit in den Vereinigten Staa ten für Euro-Anleger derzeit nicht empfeh lenswert. Wie geht es bei Gold weiter? Es ist weiter sehr gut unterstützt, Niveaus von nachhaltig über 3.000, 3.500 Dollar oder ähnlichem sind wahrscheinlich. Selbst wenn man es wollte, würde es derzeit schwerfallen, Gegenwind zu sehen. Struktu relle Faktoren wie Notenbankkäufe unter stützen, während die unsichere geoökono mische Lage Gold attraktiv erscheinen lässt.
US-Aktien könnten in den nächsten zwölf Monaten mehr Potenzial haben als europäische Titel.
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ZUR PERSON Mag. Gunter Deuber absolvierte sein Diplomstudium der Volkswirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt, Nürtingen-Geislingen; gefolgt vom Masterstudium Philosophy & Econo mics an der Uni Bayreuth. Von 2006 bis 2008 war er Analyst für CEE-Research bei der damaligen Raiffeisen Zentralbank. 2008 bis 2010 war er als Senior Economist, Deutsche Bank Research, in Frankfurt tätig. Zwischen 2011 und 2022 fungierte der Ökonom als Abteilungsleiter Volks wirtschaft, Zinsen und Währungen; zuvor als Gruppenleiter CEE Research, Raiffeisenbank In ternational AG (RBI), Wien. Im Jahr 2021 übernahm er die Bereichsleitung Volkswirtschaft und Finanzanalyse bei der RBI. Zudem ist Deuber Autor/Herausgeber zahlreicher Beiträge und Fach publikationen zu EU-/Eurozonenthemen und Verfasser vieler Fachbeiträge in akademischen Fachpublikationen mit Osteuropabezug. Weiters agiert der Wirtschaftsexperte als Vortragender am Raiffeisen Campus, am Joint Vienna Institute und für weitere Bildungseinrichtungen.
Ausgabe Nr. 3/2025 – GELD-MAGAZIN . 11
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