GELD-Magazin, Nr. 3/2025
BRENNPUNKT . Geopolitik
Unbeliebte Weltmacht Die USA als strahlendes Vorbild der freien Welt – das war gestern. Heute zertrampelt Donald Trump lange gewachsene internationale Beziehungen und Standards. Für die Vereinigten Staaten könnte das ein Schuss ins Knie sein. HARALD KOLERUS
noch mehr als verlässlicher Handelspartner positionieren, der sich an internationale Re geln hält und das System des Multilateralis mus stützt.“ Gewisse Handelsabkommen könnten dabei noch vertieft werden, etwa mit Blick auf Kanada. Christen: „Prinzipiell ist es wichtig, dass die EU mit einer Stimme spricht, gerade in Handelsfragen wäre das gut möglich.“ Die Ökonomin meint auch, dass sich die EU im bisherigen Handelskon flikt strategisch klug verhalten hat: „Es wur de nicht sofort mit Gegenzöllen reagiert, aber man ließ wissen, dass man entspre chende Maßnahmen in der Hand hält.“ Börsen als Indikator Wobei die Expertin meint: „An einer gewis sen Dominanz der USA wird sich so schnell nichts ändern, etwa in Hinblick auf Künst liche Intelligenz, Halbleiter oder andere Hochtechnologie-Bereiche. Langfristig kann durch den strukturellen Aufschwung Chinas sehr wohl die Position der Vereinigten Staa ten geschwächt werden. Und kurzfristig kann eine Eskalation des Zoll- und Handels streits den USA Schaden zufügen. Zum Bei spiel durch steigende Inflation und Erschüt terungen des Aktienmarkts, wovon die Be völkerung direkt betroffen wäre. Mit dem Fragezeichen, wie sich das auf die Spaltung der Gesellschaft auswirken würde.“ Apropos Aktien: Das große Misstrauen in die Lage zeigte sich auch im sogenannten „Sell America“-Trade. In ungewöhnlicher Parallelität verkauften Investoren US-ame rikanische Aktien, Staatsanleihen und Dol lar. „Trotz temporärer Aussetzung der kurz zuvor verkündeten, neuen massiven Import zölle auf Produkte aus Asien und Europa, ließ die erratische Handelspolitik der Trump-Administration viele Unternehmen
V erprellt bis verhöhnt. Das hat Trump die langjährigen west lichen Verbündeten seines Landes. Aber auch mit China und „fast dem Rest der Welt“ legt er sich undiplomatisch an. Ob das gut geht? Denn das erratische Vorgehen des Präsidenten führt zum Zusammenrücken der EU und anderer wirtschaftspolitischer Blöcke. Die Vormachtstellung der USA wird so in Frage gestellt. EU am Zug Beginnen wir in Europa. Elisabeth Christen, Senior Economist am WIFO, sagt zum GELD-Magazin: „Grundsätzlich könnten wir eine Stärkung der EU sehen, wenn es ge lingt, die Einigkeit der letzten Jahre, wie sie vor allem zu Beginn der Sanktionen gegen über Russland ersichtlich war, beizubehal ten und auszubauen. In einer geopolitisch unsicheren Zeit könnte sich die EU weltweit
Die „broad stripes and bright stars“ haben schon einmal bessere Zeiten gesehen.
US-Dollar zeigt sich schwach
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Der Greenback leidet und zeigt gegenüber dem Euro sowie anderen wichtigen Wäh rungen Schwäche. Einen Abgesang an den Dollar bedeutet das aber (noch) nicht.
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8 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 3/2025
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