GELD-Magazin, Nr. 3/2025

rauf, dass im Regierungsprogramm ein Ge neral-Pensionskassenvertrag vorgesehen ist (Zugang des Arbeitnehmers zu einer betrieb lichen Pensionskassenlösung, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber eine Pensionskas senlösung abgeschlossen hat). Wie dieser konkret ausgestaltet sein soll, ist jedoch noch offen. Url kritisiert zudem, dass es der zeit keine Möglichkeit gibt, „Beiträge in der Vorsorgekasse aufzudoppeln“ – obwohl dies aufgrund der niedrigen Transaktionskosten ökonomisch sinnvoll wäre. Alte Instrumente anpassen Auch bei der privaten Vorsorge klaffen An spruch und Wirklichkeit auseinander. Die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge – einst ein vielversprechendes Instrument – ist seit ihrer Einführung vor rund 20 Jahren prak tisch unverändert geblieben, kritisiert die VVO. Starre Garantieanforderungen und wenig flexible Veranlagungsvorgaben hätten viele Anbieter und Kunden abgeschreckt. Zahlreiche Fondsgesellschaften, die ursprüng lich am Markt vertreten waren, sind inzwi schen ausgestiegen. Url ist überzeugt, dass man diese wieder gewinnen könne – etwa durch die Abschaffung verpflichtender Ka pitalgarantien. Sowohl bei der prämienbe günstigten Zukunftsvorsorge als auch bei der betrieblichen Vorsorge gemäß § 3 (1) Z 15a EStG gelte es, bestehende Instrumente zu nutzen und sie an aktuelle Anforderungen anzupassen – darin sind sich WIFO-Exper ten und VVO einig. Kapitaldeckung als Ergänzung Naturgemäß birgt eine Reform der zweiten und dritten Säule in einer Dreiparteienkoa lition auch politisches Konfliktpotenzial. Der Ausbau kapitalgedeckter Zusatzpensi onen erfordert grundlegendes Vertrauen in den Kapitalmarkt. Die SPÖ hegt hier diesbe züglich Zweifel. Barbara Teiber, Parlaments abgeordnete der SPÖ und Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, sprach sich in einer Po diumsdiskussion kurz nach der National ratswahl gegen eine Ausweitung kapitalge deckter Systeme aus. Laut Teiber hätten Be zieher von Betriebspensionen über Pensi onskassen seit 2000 Kaufkraftverluste von

bis zu 50 Prozent erlitten. „Man darf nicht vorgaukeln, dass dieses System die Kauf kraft sichert.“ Auch Oliver Picek, Cheföko nom des SPÖ-nahen Momentum-Instituts, verweist darauf, dass bei Vorsorgekassen rund die Hälfte der Erträge durch Verwal tungsgebühren aufgefressen werde. Die staatliche Pensionsversicherung hingegen komme mit weniger als 1,5 Prozent Verwal tungskosten aus. Eine Studie des WIFO im Auftrag der Pensionskassen zeigt ein an deres Bild: Bereits bei einer zusätzlichen be trieblichen Beitragsleistung von 2,5 Prozent der Gehaltssumme kann die Erstpension um 15 bis 19 Prozent steigen. Selbst ein inde xierter Zusatzbetrag von 150 Euro jährlich bewirkt einen Anstieg der Erstpension zwi schen einem und neun Prozent. Internationale Perspektiven Befürworter kapitalgedeckter Systeme ver weisen auf Länder wie Schweden, die Nie derlande oder Dänemark. Dort führt die Kombination aus Umlage und Kapitalde ckung zu einer spürbaren Entlastung der öf fentlichen Haushalte. Die globale Ersatzrate – also das Verhältnis der durchschnittlichen Pension zur durchschnittlichen Lohnhöhe im Land – liegt in Dänemark bei 61 Prozent, in den Niederlanden bei 67 Prozent, wäh rend Österreich derzeit nur bei 56 Prozent liegt. Laut einer Studie des EcoAustria-Insti tuts könnten durch einen Mischansatz je nach Modell zwischen 26 und 34 Milliarden Euro an staatlichen Ausgaben eingespart werden. Die im Vergleich zur Nettoersatz rate niedrige globale Ersatzrate in Österreich hat jedoch auch strukturelle Ursachen – wie etwa die geringen Erwerbszeiten vieler Pen sionistInnen sowie die hohe Zahl an Früh pensionierungen. Deshalb fordert Picek, sich weniger auf kapitalgedeckte Reformen zu konzentrieren und stattdessen die Erwerbs quote älterer Arbeitnehmer zu erhöhen. Der zeit gehen viele Menschen deutlich vor dem gesetzlichen Pensionsalter in Ruhestand. Ein Bonus-Malus-System wie in Japan oder Frankreich könnte Firmen belohnen, die äl tere Arbeitnehmer länger beschäftigen, und jene stärker in die Pflicht nehmen, die dies nicht tun, so Picek.

„Man sollte die bestehenden Instrumente

nutzen und diese an die aktuellen Anforderungen anpassen.“ Thomas Url, WIFO-Experte für Öffentliche Finanzen

„Vorsorgekassen fressen rund die Hälfte der Erträge durch Verwaltungsgebühren auf.“ Oliver Picek. Chefökonom des Momentum-Instituts

Ausgabe Nr. 3/2025 – GELD-MAGAZIN . 81

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